Tumore von Hirn, Rückenmark und Wirbelsäule
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Hypophysenadenome

Hirntumore

Tumore können in allen Altersgruppen und in allen Regionen des Gehirns, der Schädelbasis und des Spinalkanals vorkommen. Im Gegensatz zu Tumoren anderer Körperregionen weisen Hirntumore jedoch eine Besonderheit auf: Sie betreffen das Organ, welches das Zentrum unserer Wahrnehmung, unseres Bewusstseins, Denkens, Fühlens und Handelns ist.

Tumore können durch eine Störung der Hirnfunktion neurologische Ausfälle oder durch eine Reizung der Hirnoberfläche epileptische Anfälle verursachen. Hinzu kommt, dass das Gehirn vom starren knöchernen Schädel umgeben ist. Daher führt jeder raumfordernde Prozess früher oder später zu einer Druckerhöhung im Schädelinneren, die eine lebensbedrohliche Situation darstellen kann.

In unserer Praxis werden alle Arten von Tumoren behandelt. Die fachübergreifende Zusammenarbeit mit Radiologen, Onkologen und Strahlentherapeuten im Netzwerk der Klinikgruppe Hirslanden strebt eine Therapie nach neusten medizinischen Erkenntnissen an. Bei der Planung unserer Operationen werden die Prinzipien der minimalen Invasivität berücksichtigt und routinemäßig angewendet. Mit einer modernen endoskopischen Ausstattung und der Möglichkeit der Computer-, Kernspintomographie oder gar einer Angiographie verfügt die Klinik Hirslanden in Zürich über modernste Operationssäle: Diese einmalige Infrastruktur garantiert die größtmögliche Sicherheit für den Patienten.

Unabhängig von den technischen und medizinischen Möglichkeiten, die sich uns bieten, steht die Entscheidungs- und Handlungs-Autonomie der von der Krankheit betroffenen Menschen an erster Stelle und im Zentrum unserer Bemühungen.

Hypophysenadenome

Die Hirnanhangsdrüse, auch Hypophyse genannt, stellt eine hormonelle Schaltzentrale des Körpers dar. Übergeordnete Botenstoffe aus dem Gehirn gelangen über den Hypophysenstiel zur Hirnanhangsdrüse und steuern ihre Hormonproduktion. Die Hypophyse bildet mehrere lebenswichtige Hormone. Diese werden aus dem Vorder- oder Hinterlappen der Drüse in die Blutbahn ausgeschüttet und entfalten an anderen hormonproduzierenden Organen, wie in der Schilddrüse, Nebenniere, Eierstöcke bzw. Hoden, ihre Wirkung.

Im Hypophysen-Vorderlappen werden folgende Hormone gebildet:

  • Das Adreno-corticotrope Hormon (ACTH) gelangt über die Blutbahn zur Nebennierenrinde und steuert dort die Ausschüttung des lebenswichtigen Stresshormons: Cortisol
  • Das Thyroidea-stimulierende Hormon (TSH) wirkt auf die Schilddrüse und reguliert die Produktion der Schilddrüsenhormone L-Thyroxin (T4) und Trijod-Thyronin (T3).
  • Das Follikel-stimulierende Hormon (FSH) und Luteinisierungs-Hormon (LH) steuern die Geschlechtsentwicklung und sind verantwortlich für die Fruchtbarkeit. Sie wirken beim Mann auf die Hoden und führen dort zur Ausschüttung des männlichen Hormons Testosteron. Bei der Frau entfalten die Hormone ihre Wirkung an den Eierstöcken und an der Gebärmutter.
  • Das Prolaktin ist bei Frauen von großer Bedeutung, es wird während und nach der Schwangerschaft vermehrt produziert. Es ist verantwortlich für die Milchproduktion während der Stillzeit und schützt die junge Mutter durch Unterdrückung der Regelblutung vor einer wiederholten Schwangerschaft.
  • Über das Wachstumshormon wird das Größenwachstum des Körpers reguliert. Das Wachstumshormon entfaltet die Wirkung aber nicht direkt auf die Körperzellen: Vielmehr stimuliert es die Ausschüttung des sog. Insulin-like growth factor I (IGF-1), welcher vorwiegend in der Leber gebildet wird. IGF-1 bewirkt dann das Größenwachstum und hat in diesem Sinne eine zentrale Aufgabe.
 

Im Hypophysen-Hinterlappen wird das sog. antidiuretische Hormon (ADH) ausgeschüttet. ADH verhindert die übermäßige Ausscheidung von Wasser über die Nieren und reguliert dadurch die Flüssigkeitsbilanz und die Konzentration der Blutsalze.

Tumore der Hirnanhangsdrüse sind nahezu immer gutartig, und gehen von Zellen der Hypophyse aus. Sie wachsen langsam und fallen entweder durch eine Hormonstörung oder durch eine Kompression angrenzender Strukturen z.B. der Sehnervenkreuzung, auf.

Symptome von Hypophysenadenomen

Symptome der raumfordernden Wirkung

Tumore die kleiner als 1cm sind, nennt man Mikroadenome. Größere Tumore, die sog. Makroadenome verursachen einen langsam zunehmenden Druck auf die Drüse selbst, mit entsprechender Funktionsstörung derselben. Typische Symptome sind ein Leistungsknick, Abgeschlagenheit, vermehrtes Schlafbedürfnis, Impotenz oder Libidoverlust. Unerkannt und unbehandelt können die Hormonmangelzustände bis zur Bewusstlosigkeit und im Extremfall zum Tod führen.

Das weitere Wachstum des Tumors in das Schädelinnere verursacht einen Druck auf die Sehnervenkreuzung und damit eine typische Einschränkung des Sehvermögens. Diese äußert sich durch einen Tunnelblick (Bitemporale Hemianopsie) bzw. eine abnehmende Sehschärfe.

Symptome der vermehrten Hormonproduktion

Hormonproduzierende Hypophysentumore werden durch typische endokrinologische Störungen auffällig. Durch die entsprechende klinische Symptomatik werden diese Tumore häufig schon früh entdeckt, obwohl die Tumore selbst noch sehr klein sein können. Die folgenden Syndrome treten am häufigsten auf:

Akromegalie

Dieses Krankheitsbild entsteht, wenn ein Tumor vermehrt Wachstumshormon ausschüttet. Dadurch entsteht ein krankhaftes Wachstum von Knochen, Weichteilen und inneren Organen. Äußerlich zeigt sich in typischer Weise eine Vergröberung der Gesichtszüge und eine Vergrößerung der Nase, der Hände und der Füße. Kritisch ist aber eine Veränderung der inneren Organe: Die krankhafte Vergrößerung des Herzens, auch Kardiomegalie genannt, kann z.B. Herz- und Kreislaufstörungen bis hin zum Herzstillstand verursachen. Tritt ein solches Wachstumshormon-sezernierendes Adenom bereits im Kindesalter auf, entsteht ein Riesenwuchs, auch Gigantismus genannt.

Morbus Cushing

Der Morbus Cushing  entsteht durch ein ACTH-produzierendes Hypophysenadenom. Diese überschüssige Produktion hat eine krankhafte Stresshormon-Ausschüttung in der Nebennierenrinde zur Folge. Äußerlich zeigen sich ein langsamer Abbau der Muskelmasse, eine stammbetonte Fettsucht mit entstellenden bläulich-rötlichen Dehnungsstreifen der Haut und ein Vollmondgesicht mit Gesichtsrötung. Beim Morbus Cushing handelt es sich um eine schwerwiegende Krankheit, bei der es auch zu Bluthochdruck, Blutungsneigung, Blutzuckerkrankheit, Infektanfälligkeit, Thromboseneigung, Knochenschwund und Depressionen kommen kann. Die Lebensqualität der betroffenen Patienten wird dadurch schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Prolaktinom

Prolaktinome sind Tumore der Hirnanhangsdrüse, die übermässig Prolaktin ausschütten. Der Prolaktinüberschuss führt bei Frauen zum Ausbleiben der Periodenblutung und zum Auftreten von Milchfluss aus der Brust. Bei Männern kann ein Prolaktinom zu einem Rückgang der männlichen Körperbehaarung, zum Libidoverlust, einem Wachstum der Brustdrüse (Gynäkomastie) und zur Zeugungsunfähigkeit führen.

Diagnostik und Therapie

Diagnostik

Bei Symptomen der fehlenden oder vermehrten Hormonproduktion und bei Vorliegen typischer Sehstörungen wird schnellstmöglich ein Kernspintomogramm (MRI) angefertigt. Mit einer sog. dynamischen Kontrastmittel-assistierten Untersuchung wird die Grenze zwischen Tumor und gesunder Drüse dargestellt und mit Dünnschichttechnik die Ausdehnung des Tumors analysiert. Sehr wichtig für die Behandlung ist die hormonelle Diagnostik durch einen Stoffwechselspezialisten (Facharzt für Endokrinologie), um die Hormonwerte und ihre Beeinflussbarkeit zu bestimmen. Schließlich werden alle Patienten beim Augenarzt vorgestellt, um Sehstörungen zu objektivieren.

Wird eine Operation durch die Nase geplant, führen wir ein CT der Schädelbasis und der Nasennebenhöhlen durch, um den operativen Zugang planen zu können. Der Patient wird vom Nasenspezialisten (Rhinologen) untersucht sowie, vor, während und nach dem Eingriff von diesen sorgfältig mitbetreut.

Therapie

Abhängig von Größe und Lokalisation des Tumors, fehlender oder vermehrter Hormonproduktion sowie Alter und Beschwerden der Patienten werden grundsätzlich drei Optionen angeboten:

1. Ein Abwartendes Verhalten mit regelmäßigen MRI- Verlaufskontrolle

2. Eine endoskopische Tumorentfernung

3. Eine medikamentöse Therapie


Bei Rezidivtumoren kann eine weitere Option diskutiert werden:

4. Stereotaktische oder konformale Bestrahlung des Tumors

Bei kleinen, nicht raumfordernden Adenomen, die als Zufallsbefund festgestellt worden sind, ist ein abwartendes Management mit regelmäßigen MRI Kontrollen durchaus vertretbar. Diese sog. „Inzidentalome“ zeigen oft kein Wachstum und müssen bei normaler Hypophysenfunktion nicht behandelt werden.

Bei der Mehrzahl der Hypophysentumore ist jedoch die Operation die Therapie der Wahl. Die meisten Hypophysentumore werden über einen Zugang durch die Nase operiert, wobei in unseren Händen die rein endoskopische Technik im Sinne einer Rhino-Neurochirurgischen Kooperation zur Anwendung kommt.

Bei Prolaktin-produzierenden Tumoren wird in der Regel zuerst ein medikamentöser Therapieversuch durch die Endokrinologen unternommen. Hier ist die Operation nur dann indiziert, wenn die Tumore nicht auf die medikamentöse Behandlung ansprechen oder aber die Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie so stark sind, dass diese abgebrochen werden muss. Die hormonell-medikamentöse Therapie bei Wachstumshormon- und ACTH-produzierenden Tumoren ist eine ergänzende Option nach einem operativen Eingriff, der nicht zur Heilung der hormonellen Störung geführt hat.

Wenn eine Operation wegen schweren Begleiterkrankungen nicht möglich ist oder nicht operable Rezidive auftreten, ist eine Hochpräzisionsbestrahlung z. B. mit dem Cyberknife oder eine konformale Strahlentherapie erforderlich.

Spezielle Techniken in unserer Praxis und unserem Kooperationsnetzwerk

Hypophysenadenome werden in der Regel durch die Nase, über den sog. transnasalen Zugangsweg operiert. In den meisten neurochirurgischen Kliniken der Welt wird dabei ein mikrochirurgischer Zugang angelegt und die Schädelbasis durch Verlagerung der Nasenscheidewand erreicht. Trotz Dehnung der Nasenhaupthöhle mit einem Nasenspekulum ist der Einblick in das Operationsfeld jedoch deutlich eingeschränkt. Der Chirurg kann mit dem Mikroskop seitlich gelegenes Tumorgewebe nur schwer beurteilen: Ohne direkte Sicht operierend, riskiert er zum einen eine Verletzung von wichtigen Strukturen, wie der Sehnerven oder der Halsschlagadern (Arteria carotis interna) zum anderen besteht aber auch ein Risiko, dass versteckte Tumoranteile übersehen werden.

Mit unserer endoskopischen Technik sind auch die seitlich liegenden Strukturen sehr gut einsehbar, jeder Schritt kann während des gesamten Eingriffs sicher kontrolliert werden. Die direkte Sichtkontrolle ermöglicht häufig eine vollständige Tumorentfernung aus versteckten Winkeln unter Schonung der gesunden Strukturen. Eine unangenehme Tamponade der Nasenhaupthöhle ist nicht notwendig, sodass unsere Patienten nach dem Eingriff frei durch die Nase atmen können.

In unserer Händen werden Schädelbasis-Operationen auf dem Zugangsweg durch die Nase (transnasal) konsequent im Teamwork mit den Kollegen der Rhinochirurgie (Fachärzte für HNO-Heilkunde) ausgeführt.

Es wird nicht nur gemeinsam operiert: Unsere Teamwork beginnt mit der gemeinsamen Abklärung und Vorbereitung. Die Planung der Operation stützt sich dabei auf moderne radiologische Bildgebung. Mit hochauflösender Computer- und MR-Tomographie werden kritische Strukturen in Relation zum Tumor erkannt und so der optimale, individuelle endoskopische Zugang bestimmt. Vor der Operation wird jeder Patient durch einen Rhinochirurgen voruntersucht: Es wird ein Riechtest und eine endoskopische Untersuchung der Nase veranlasst um eventuelle, das Operationsgeschehen beeinflussende Krankheiten frühzeitig zu erfassen.

Das gemeinsam operierende Rhino-Neurochirurgische Team wird zudem von einer Technologie auf dem neuesten Stand unterstützt.

Modernste Endoskope mit Kameras und Monitoren in High-Definition Qualität geben eine verbesserte Lichtintensität und enorme Tiefenschärfe mit einer klaren Darstellung tief liegender Strukturen, und eine Möglichkeit des direkten Blicks auch auf abgewandte Ecken der Schädelbasis. Während einer minimalinvasiven Operation wird routinemäßig ein Navigationsgerät eingesetzt. Die Bildgebung unterstützt den Operateur dabei, den Zugang zu kontrollieren, den Tumor sicher zu lokalisieren und diesen auf schonendem Weg zu erreichen. Wenn notwendig, wird die Effektivität des Eingriffes mit radiologischer Diagnostik noch während der Operation überprüft: So können mit dem Einsatz der intraoperativen CT oder MRI Resttumoranteile identifiziert und anschliessend gezielt entfernt werden.

Modernste Medizintechnik und die fachübergreifende Zusammenarbeit tragen zu einer sicheren und schonenden Entfernung von Hypophysentumoren mit Erhaltung der Lebensqualität bei.

Fallbeispiele